Jacob Jacobi aus Stuttgart/Weinstadt
Brennerei und Weinbrandlager in Untertürkheim
-
1880 gründete Jacob Jacobi einen Brennerei-
und Destillationsbetrieb in Stuttgart. Die Firma wurde im selben
Jahr ins Handelsregister eingetragen. Anfänglich betrieb man
die Herstellung von Edelbranntweinen, Weinbränden, Spirituosen
aller Art in bescheidenem Umfang. 1914 traten die bereits seit Beginn
des Jahrhunderts als Mitarbeiter tätigen
Söhne Hugo und Hermann Jacobi in die offene Handelsgesellschaft
als Teilhaber ein.
Während der Kriegsjahre wurden aufgrund reichsrechtlicher Vorschriften
alle Bestände und die gesamte Produktion für den Heeresbedarf
beschlagnahmt. Nach 1920 spezialisierte sich die Firma auf die Produktion
von Weinbränden, die Fabrikation aller anderen Spirituosensorten
wurde bis auf den Likör Jacobiner aufgegeben.
Als Hauptmarke wurde "Jacobi 1880", "Jacobi
Privat-Reserve" und "Jacobi Echt", später auch "Jacobi
Altbrand" auf den Markt gebracht.
1922 wurde in Berlin eine Zweigniederlassung mit Lagerkellern und
Bahnanschluss errichtet. 1923 fand die Umwandlung in eine reine Familien-Aktiengesellschaft
statt. 1936 wurde die Jacobi AG arisiert und
1941 in "Weinbrennerei
G. F. Deyle AG" umbenannt.
-
Die Grundstoffe für den Jacobi-Weinbrand werden in der Charente
und in Armagnac gekauft und in Weinstadt destilliert.
Die Brennerei befindet sich in Tiefkellern - drei Etagen, bis zu
18 Metern tief in der Erde. Die Weinbrand-Marken des Hauses Jacobi
lagern während
ihrer Reifezeit in Fässern aus französischer Limousin-Eiche. "1880",
die Standardmarke (38 Prozent), und "Privat", eine zehn
Jahre gelagerte Spitzenqualität (38 Prozent), sind die Weinbrand-Marken
des Hauses; außerdem bietet Jacobi an: Jacobiner, einen seit
mehr als 90 Jahren hergestellten herb-süßen Klosterlikör
(40 Prozent), und Jubiläums Kirschlikör (26 Prozent).
-
Nach dem Zweiten Weltkrieg
wurde sie vom Amt für Vermögenskontrolle verwaltet. Zunächst übernahmen
Carl Stein und Heinz Bömers die Gebäude pachtweise und produzierten
die Marke Jacobi 1880 in Lizenz, bis sie 1953 die gesamten Markenrechte
von den Eigentümern Jacobi erwarben. Es folgten die Lizenzproduktion
und Vertriebsrechte für "Fernet Branca".
Der Sitz wurde nach Großheppach im Remstal verlegt. Zwischen 1981 und
1993 wurde der Vertrieb verschiedener internationaler Spirituosenmarken wie
Supercassis, Punt e Mes, Sauza Tequila, Absolut Vodka, Di Saronno etc. übernommen.
1994 wurde die traditionsreiche Weinbrennerei Jacobi vom britischen Spirituosenkonzern
Allied Domecq übernommen, der Firmensitz nach Frankfurt a. M. verlegt.
Der geschäftsführende Gesellschafter Jürgen Stein schied im
Jahr 2000 nach über 40-jähriger Tätigkeit aus dem Unternehmen
aus, der Standort Großheppach wurde 2002 aufgelöst.
-
StZ 29. Juni 2020 - Der
Jacobi 1880 eroberte vor 140 Jahren von Stuttgart aus den deutschen
Weinbrand-Markt. 2020 hat der Monkey-47-Macher Alexander Stein
die Marke seiner Vorväter zurückgekauft.
Diese Geschichte hat einen traurigen Anfang. Als der Stuttgarter
Spirituosenunternehmer Alexander Stein im Februar den Kaufvertrag für
die Markenrechte des Weinbrands Jacobi 1880 unterzeichnet, liegt sein
Vater auf dem Sterbebett. Jürgen Stein hatte die Weinbrennerei
Jacobi GmbH 1957 im Alter von gerade 21 Jahren in Großheppach
(heute Weinstadt, Rems-Murr-Kreis) übernommen, nachdem sein Vater
gestorben war, und sie bis 2000 geführt. Nun wollte Sohn Alexander
ihm die gute Nachricht unbedingt noch rüberbringen. „Es
war mir einfach eine Herzensangelegenheit“, sagt Alexander Stein.
Es gelang dem 47-Jährigen, bevor sein Vater am 27. Februar mit
83 Jahren starb. „Die Nachricht hat ihn wirklich gefreut“,
erinnert sich Stein.
Für Alexander Stein kommt das Projekt, an dem er schon seit zehn Jahren
immer wieder tüftelt, zur rechten Zeit. Er, der Anfang des Jahrtausends
für den früheren Handyhersteller Nokia in Nord- und Südamerika
unterwegs war, hat ab 2008 zusammen mit dem Spitzendestillateur Christoph Keller
den Edel-Gin Monkey 47 erfunden und ihn dann zur kleinen, aber feinen Weltmarke
gemacht. Weil er nicht mehr das ganze Jahr über zu Vertriebspartnern rund
um den Globus fliegen wollte, verkauften Stein und ein Investor hinter ihm Anfang
2016 zunächst 60 Prozent der Anteile an den zweitgrößten Spirituosenkonzern
der Welt, Pernod Ricard. Stein blieb geschäftsführender Gesellschafter,
bis er und sein Partner Anfang dieses Jahres den Rest verkauften. Stein fungiert
beim Monkey noch als Berater für Kreatives.
Die Idee: Rückenwind für Weinbrand an sich
Der 47-Jährige hat nun wieder Zeit, um zu neuen Ufern aufzubrechen – und durch
den Verkauf des Affen das nötige Kleingeld. Von Stuttgart aus möchte
Stein der Marke seines Vaters und seines Großvaters neues Leben einhauchen,
die zu Spitzenzeiten um 1990 in rund sechs Millionen Flaschen jährlich abgefüllt
wurde, aber 2018 noch bei gut 100 000 Flaschen landete. Und mit ihr vielleicht
auch wieder einer ganzen Gattung. „Der deutsche Weinbrand liegt quasi am
Boden“, stellt Stein fest, „man hat es in der Vergangenheit versäumt,
einheitliche Qualitätsstandards zu schaffen und sich fast ausschließlich
der Massenproduktion unterworfen.“ Das deutsche Erzeugnis stehe deutlich
im Schatten seiner französischen und spanischen Cousins, des Cognacs, des
Armagnacs und auch des Brandys.
Das war schon einmal anders in der Geschichte des Jacobi-Weinbrands, dessen Anfänge
nur einige Steinwürfe von Steins Büro an der Stiftstraße entfernt
in der Königstraße liegen. 1880 ließ Firmengründer Jacob
Jacobi einen Destillationsbetrieb ins Handelsregister von Stuttgart eintragen
und stellte fortan damals so bezeichneten Kognac her. Sein deutscher Weinbrand
landete bald in vielen Schwenkern. Die Marke überlebte den Ersten Weltkrieg,
als laut Firmenhistorie „alle Bestände und die gesamte Produktion
für den Heeresbedarf beschlagnahmt“ wurden, ebenso wie den Versailler
Vertrag mit den Siegermächten, der in einer wohl unbekannteren Passage das
Verbot der Bezeichnung Cognac für deutschen Weinbrand enthielt. Jacobi,
inzwischen von den Söhnen Hugo und Hermann geleitet, soll 1928 das Sechsfache
an Weinbrand im deutschen Reichsgebiet verkauft haben, was im gleichen Zeitraum
von sämtlichen französischen Cognacfirmen eingeführt wurde. In
jenen Jahren, so heißt es in der Chronik, hätten die deutschen Markenweinbrände
die ausländische Konkurrenz weitgehend vom deutschen Markt verdrängt.
Enteignung im Dritten Reich
Auch
für Jacobi brach eine dunkle Zeit an. Als Bürger jüdischer
Herkunft mussten die Brüder schon 1933 aus dem Vorstand ausscheiden, und
ihre Strategie, das Unternehmen in den Händen von Freunden zu belassen,
ging bald nicht mehr auf. Mehrere Kaufverträge verboten die Nazis, die Jacobis
mussten 1939 „an den Kandidaten des Gauwirtschaftsberaters“ veräußern
und emigrierten zügig bis in die USA.
In den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs wurde das Bürohaus auf
der Königstraße ebenso zerstört wie die Betriebsgebäude
in der Nähe des Bahnhofs, wo heute das Großkino Ufa-Palast steht.
Nur die Brennerei mitsamt den Lagern, die während des Krieges unter die
Erde verlagert worden waren, blieben erhalten. 1948 erhielten die Gebrüder
Jacobi zwar ihr deutsches Vermögen rechtmäßig zurück, sie
selbst wollten aber nicht zurückkehren und verpachteten Räumlichkeiten
und Marken an die Firma Wermut-Branca Carl Stein in Großheppach von Heinz
Bömers und Alexander Steins Großvater Carl. Er und Hugo Jacobi entwickelten
in zahllosen Briefen während der Partnerschaft auch Freundschaft, schließlich
hatte Stein ebenfalls jüdische Vorfahren und musste im Dritten Reich seinen
eigentlichen Nachnamen Goldstein ändern.
Firma wurde Spielball der Globalisierung
1953 übernahmen Stein und Bömers die Gesellschaft komplett, doch nur
vier Jahre später starb Carl Stein, und der noch junge Sohn Jürgen übernahm – unterstützt
von Zwillingsbruder Claus – nach und nach die Verantwortung. Auch mit Slogans
wie „Jacobi 1880 schmeckt mit 18 wie mit 80“ machten sie die Privat-Weinbrennerei
Jacobi zu einer der namhaftesten Brennereien in Deutschland. Bis Anfang der 1990er
Jahre, als die Geschäfte schlechter liefen und die Steins die Mehrheit ihrer
Firma an einen britischen Konzern verkauften. Im Jahr 2000 stieg Jürgen
Stein ganz aus, 2002 zog die Firma nach Frankfurt/Main.
Jacobi wurde mit den Worten von Alexander Stein „als Spielball der Globalisierung
von einem Konzern zum anderen gereicht“ – vier an der Zahl. Bis es
bei einem norddeutschen Korn-Produzenten in Bad Oldesloe (Schleswig-Holstein)
landete, mit dem sich Stein jetzt einig wurde. „Die haben gemerkt, dass
mir das sehr am Herzen liegt“, sagt der 47-Jährige. Bis Ende des Jahres
kann die August Ernst GmbH & Co. KG noch ihre Bestände ausverkaufen,
sagt Stein, dann werde er Jacobi „aus dem Handel nehmen, um das Produkt
in all seinen Facetten zu überarbeiten“. Das kann er auch in der
Monkey-47-Destillerie bei Loßburg (Kreis Freudenstadt) tun, deren Nutzung
für Neuentwicklungen er mit Pernod Ricard vereinbart hat.
Ob er eine Revolution ähnlich jener beim Gin starten will? „Ich mache
das so, wie ich denke, dass es richtig ist, ohne Zeitdruck“, sagt Stein, „den
Rest wird man sehen.“
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Stuttgarter Adressbuch 1938
- Quelle:https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20452/FB-JACOBI-Jacob.pdf
1919 ewarb die Weinbrennerei Jacobi ca 50% der Aktien der Württemberg-
Hohenzollernschen Brauerei, damals als Hoflieferant auch „Hofbräu“ genannt
(1935 Umfirmierung in Stuttgarter Hofbräu AG). Bis 1933 waren
Hermann + Hugo
Jacobi Vorsitzende des Aufsichtsrats – bei Arisierung, forciert
durch Walter
Reihle (NS Gauwirtschaftsberater) wurde das Aktienpaket 1938 an Carl
Kaess
(Lederfabrikant in Backnang) verkauft, der somit auch Vorsitzender
des
Aufsichtsrats der Hofbräu AG wurde.
Nach dem Tod von Jacob Jacobi führte die Witwe Gemmi Jakobi zunächst
die
Weinbrennerrei allein, ab ca 1918 mit ihrem Bruder Jakob Lichtenberger
und
Sohn Hugo, ab 1919 auch mit Sohn Hermann. 1930 hatte die Firma Jacobi
ihren
Sitz im Haus Königstrasse 18, die
Weinbrennerei war in der Mercedesstraße
23 in Untertürkheim.
Hugo Jacobi wohnte in seiner Villa Hauptmannreute
21,
Hermann Jacobi mit Familie wohnte in seiner Villa Hauptmannsreute 16
(gegenüber seinem Bruder). Die Mutter Gemmi Jacobi lebte ganz
in der Nähe im
Haus Salzmannweg 16 (Hauseigentümer waren die Söhne Hugo
+ Hermann Jacobi).
1948 kam es zur Rückerstattung des bei der Arisierung geraubten
Vermögens.
1953 übertrugen die Brüder Jacobi die Markenrechte von Jacobi
1880 an Carl
Stein und Heinz Bömers. 1960 wurde dann Carls Sohn Jürgen
Stein (1936-2020)
geschäftsführender Gesellschafter der Weinbrennerei Jacobi
KG in Weinstadt.
|