Luxushotel und Sterne-Restaurant in der Villa
Berg
20.11.2007 Cannstatter Zeitung
Investor Rudi Häussler gewinnt Top-Hotelier Heiner Finkbeiner
für Projekt -
Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes
könnte 2008 beginnen
Stuttgart - In der historischen Villa Berg in
Stuttgart soll ein Luxushotel mit Sterne-Restaurant entstehen. Das
bestätigte
Investor Rudi Häussler gestern gegenüber unserer Zeitung.
Als Betreiber wurde der Inhaber der renommierten „Traube Tonbach“ in
Baiersbronn, Heiner Finkbeiner, gewonnen. Dessen Drei-Sterne-Koch Harald
Wohlfahrt soll als Berater tätig werden.
Schon im nächsten Jahr
will Häussler mit der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes
beginnen.
Von Elke Hauptmann
Der Vertrag mit Finkbeiner sei noch nicht
unterschrieben, erklärt Häussler. Aber man sei auf einem
guten Weg. „Wir passen gut zusammen, wir sind beides Familienunternehmen.
Da weiß man, mit wem man es zu tun hat. Schließlich machen
Menschen das Geschäft“, erklärt er, warum er sich gegen
Betreiber der besten Hotels weltweit entschieden habe. Sechs Weltkonzerne
hätten Interesse am Standort gezeigt.

Villa Berg um 1910
Geplant ist, zunächst die
historische Villa grundlegend zu sanieren und Platz für acht bis zehn
Suiten zu schaffen. Dort könnten laut Häussler Staatsgäste
und andere wichtige Persönlichkeiten logieren - dank der Lage könne
man strengste Sicherheitsauflagen erfüllen. In einem zweiten Bauabschnitt
ist ein Neubau anstelle der alten Fernsehstudios des Südwestrundfunks
(SWR) geplant, der das Gebäude im Jahr 2010 aufgibt. Dort sind gut
100 zusätzliche Hotelzimmer vorgesehen.
Ursprünglich hatte Häussler
vor, Terrassen-Appartements für Senioren bauen. Davon nimmt er nun
Abstand. „So ein Projekt entwickelt sich eben.“ Das Restaurant
soll eines der besten in Deutschland werden, dafür soll Drei-Sterne-Koch
Wohlfahrt sorgen. Er selbst wird jedoch weiterhin in der „Taube Tonbach“ in
Baiersbronn am Herd stehen. Finkbeiner strebt ein Hotel der höchsten
deutschen Kategorie „Fünf Sterne plus“ an, Häussler
kokettiert gar mit sechs Sternen - das wäre ein Novum in der Deutschen
Hotelklassifizierung.
Schon im nächsten Jahr soll der Umbau der Villa
beginnen - sofern die Denkmalschutzbehörden dem Konzept zustimmen.
Das äußere Erscheinungsbild will Häussler originalgetreu
wieder herrichten, im Inneren des Gebäudes prägenden Gestaltungselementen
moderne Akzente entgegensetzen. Die Arbeiten könnten Ende 2009 abgeschlossen
sein und dann erste Gäste im neuen Toprestaurant empfangen werden.
Der Hotelneubau würde erst 2012/13 in Betrieb gehen. Zu den Kosten äußert
sich Häussler vage: „Das wissen wir selbst noch nicht so genau.“ Es
könnte ein dreistelliger Millionenbetrag werden.
Die Villa Berg Die
Villa Berg im Stuttgarter Osten wurde 1845-53 für den württembergischen
Kronprinzen Karl und dessen Ehefrau Olga nach Plänen des Architekten
Christian Friedrich Leins gebaut. Den Park legte Hofgärtner Friedrich
Neuner an. 1913 kauft die Stadt Stuttgart die Anlage und baut sie 1925
für Repräsentationszwecke um. In den ersten Stock zieht die
Städtische
Gemäldegalerie ein . Nach einem Bombenangriff 1943 brennt die
Villa teilweise aus. 1951 übergibt die Stadt nach langen Verhandlungen
dem Süddeutschen Rundfunk (SDR) die Villa und Teile des Parks
im Tausch für die Karlshöhe.
Der SDR baut sie vereinfacht wieder auf und
richtet den Großen Sendesaal ein, der zum Schauplatz wichtiger
Konzerte und Unterhaltungssendungen wird. 2005 will der SWR die Villa
verkaufen. Die Sanierung und Umnutzung zu einem Veranstaltungszentrum
mit Gastronomie scheitert. Im April 2007 erwirbt Rudi Häussler
die Villa samt der 1965 eingeweihten Fernsehstudios und der Tiefgarage.
„Die
Villa Berg und ihr Park. Geschichten und Bilder“ heißt
ein neues Buch aus dem Verlag im Ziegelhaus, das Ulrich Gohl herausgegeben
hat. Es ist im Handel erhältlich. ISBN-Nummer 978-3-925440-33-5.
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Häussler-Gruppe kauft Villa
Berg
27.04.2007 Untertürkheimer Zeitung
Historisches Gebäude soll saniert werden - Bau von 100
Terrassen-Appartements an Stelle der Studiobauten
Stuttgart - Die denkmalgeschützte
Villa Berg wechselt ihren Besitzer: Gestern haben der Südwestrundfunk
(SWR) und die Stuttgarter Häussler-Gruppe den Kauf besiegelt.
Investor Rudi Häussler will das historische Gebäude für
eine neue Nutzung herrichten und das alte Fernsehgebäude im Park
abreißen. An dessen Stelle sollen Terrassen-Appartements entstehen.
Von Elke Hauptmann
Seit langem schon wird um eine neue Nutzung der
Villa Berg gerungen. Diese, die Anfang der fünfziger Jahre zum
großen Sendesaal
ausgebaut worden war, hat seit Jahren keine Funktion mehr für
den Sendebetrieb und wurde jüngst stillgelegt. Denn für Veranstaltungen
ist die Villa zu klein - und vor allem stark sanierungsbedürftig.
Weil der Aufwand so enorm ist, wollte der Sender das Gebäude sogar
zum symbolischen Preis von einem Euro verkaufen. Interessenten gab
es zwar, die das prachtvolle Gebäude als Restaurant und Veranstaltungsort
mit Biergarten nutzen wollten, doch die Pläne scheiterten vor
allem an den strengen Denkmalschutzauflagen. Und wohl auch am Wunsch
des SWR, gleichzeitig mit der Villa die bald nicht mehr benötigten
Fernsehstudios samt der Tiefgarage an der Sickstraße loszuwerden.
Das Gebäude
wird in vier Jahren frei, wenn der Neubau auf dem Gelände des
einstigen Parkhotels direkt neben dem Funkh aus an der Neckarstraße
fertig ist. „Das Funkgebäude im Park ist nicht verkauft
worden“,
betont SWR-Sprecher Christoph Mohr. „Das brauchen wir für
die E-Musik.“ In dem Gebäude proben das Radio-Sinfonieorchester
und das SWR-Vokalensemble.
Häussler hat nun das „Gesamtpaket“ erworben. Über
die Kaufsumme haben beide Partner Stillschweigen vereinbart. Der Investor
will die historische Villa, die der SWR nach dem Krieg im Tausch gegen
die Karlshöhe von der Stadt Stuttgart erhielt, restaurieren und „einer
großartigen Nutzung“ zuführen. „Wir wollen dieses
Kleinod unbedingt für die Öffentlichkeit erhalten“,
betont Häussler. An Stelle der Studiogebäude plant er „auf
dem schönsten Hügel der Stadt“ den Bau von 80 bis 100
Terrassen-Appartements, die architektonisch „der besonderen Lage“ am
Hang des Parks Rechnung tragen sollen. „Das wird ein Top-Projekt“,
schwärmt
Häussler. Es biete der Stadt die Möglichkeit, zusammen mit
den Investoren „eine den Bürgern zugängliche Parklandschaft
mit historischen Gebäuden und zukunftsweisender Architektur zu
schaffen“.
Dann hüllt er sich in Schweigen: Natürlich habe man schon
ein Nutzungskonzept für das Ensemble, zum gegenwärtigen Zeitpunkt
aber wolle er sich dazu noch nicht äußern.

Villa Berg um 1904
Zunächst
stünden
Abstimmungsgespräche mit den Ämtern an. „Wir haben
ja bis 2011 Zeit, die Planungen fertigzustellen“, sagt Häussler,
der unmittelbar im Anschluss an den SWR-Umzug mit den Bauarbeiten beginnen
will. Der SWR teilt mit, man habe vertraglich vereinbart, dass der
Sender das alte Fernsehgebäude und die Villa Berg bis zur Fertigstellung
des Neubaus wie bisher weiter nutzen werde. „Der Verkauf“,
heißt es, sei für den Südwestrundfunk „ein wichtiger
Schritt für die Modernisierung und Zukunftssicherung seines Standortes
Stuttgart.“
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Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.02.2005
- Für einen Euro Rettung -
Schmausen, trinken, tanzen und hören wie die Fürsten:
Stuttgarts Villa Berg wird saniert

Stuttgart-Berg mit Villa Berg 1899
Kurz vor Jahresende 2004 trat der Südwestdeutsche Rundfunk in Kontakt mit zwei Investoren, die Interesse bekundeten, die Villa Berg im Stuttgarter Osten übernehmen zu wollen. Wenige Wochen später war man handelseinig geworden: Das bedeutende Denkmal, für
dessen anstehende Sanierung die Rundfunkanstalt nicht mehr aufkommen
wollte, wechselt zum dritten Mal und zum Symbolpreis von einem Euro
den Besitzer.
Die Villa Berg war in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts eines der berühmtesten Gebäude Deutschlands und ein Vorbild für den Villenbau im ganzen Land. Meyers Konversationslexikon 1895 verzeichnet unter dem Stichwort "Villa" als "klassische Beispiele" Schinkels Charlottenhof in Potsdam, Sempers Villa Rosa in Dresden und die Villa Berg in Stuttgart. Sie wurde zwischen 1845 und 1853 für den württembergischen Kronprinzen und späteren König Karl sowie dessen Gemahlin Olga, einer Zarentochter, von Christian Friedrich Leins vor den Toren der Stadt auf einer Anhöhe nahe der Ortschaft Berg erbaut. Das schloßartige Bauwerk initiierte die Einführung der Neorenaissance in Württemberg, wo bis dahin noch der Klassizismus gepflegt worden war. Die Villa Berg im Stile der römischen und toskanischen Renaissance wurde der erste Bau des württembergischen Hofes, der in der bürgerlich-städtischen Architektur unmittelbare Nachfolge fand.
Im Jahr 1912 verkaufte die königliche Familie die Villa samt Orangerie, zahlreichen Nebengebäuden sowie dem vierundzwanzig Hektar umfassenden Park, der im französisch-italienischen und englischen Gartenstil angelegt war, an die Stadt Stuttgart. Fortan wurde das Anwesen öffentlich genutzt. Die Grünanlage stieg rasch zu einem bedeutenden Naherholungsgebiet für den Stuttgarter Osten auf, der Bau diente der Stadt zur Repräsentation, die städtische Gemäldegalerie belegte Teile davon, andere nutzte ein Vergnügungslokal für Musik- und Tanzdarbietungen.
Im Jahr 1944 fiel dieses städtebauliche Kleinod einem Bombenangriff zum Opfer und brannte völlig aus. Von der einstigen Pracht seiner Innenausstattung zeugen heute nur noch die Aquarellzeichnungen aus dem berühmten Olga-Album der Königin Olga von Württemberg. Obwohl der Architekt Leins dank der Villa Berg mit Schinkel und Semper gleichgesetzt wurde, hatte das Nachkriegsstuttgart wenig Interesse am originalgetreuen Wiederaufbau - das Bauwerk wurde nur vereinfacht wiederhergestellt.
Im Jahr 1950 kam es zu einem Tauschgeschäft mit dem damaligen Süddeutschen Rundfunk und der Stadt Stuttgart. Die Sendeanstalt bekam die Villa Berg mit Teilen des Parks, die Stadt erhielt im Gegenzug vom SDR die innerstädtischen Silberburganlagen mit der Karlshöhe.
In das Gebäude wurde dann der Große Sendesaal - er steht mittlerweile unter Denkmalschutz - des SDR eingebaut. Er und die Villa waren bald ein Synonym für großartige Radiosendungen und Übertragungen. Der Park aber verdämmerte und wurde nur noch bei gelegentlichen Gartenschauen wahrgenommen, die das städtische Gartenbauamt dorthin ausweitete.
Nach der nun anstehenden Sanierung soll in dem einst königlichen Bau ein Kunst- und Kulturzentrum für öffentliche und private Veranstaltungen - Theater, Ballett, Konzerte - in Kooperation mit dem SWR entstehen. Zusätzlich ist ein Speiselokal samt Biergarten für rund eintausend Besucher geplant.
Glücklicherweise darf das denkmalgeschützte Gebäude baulich nicht wesentlich verändert werden. In Zusammenarbeit mit der Stadt soll auch der Park verschönert und sollen seine historischen Anlagen zum Teil rekonstruiert werden. So könnte wieder in das öffentliche Bewußtsein treten, was vor einigen Generationen Gemeingut war: daß Villa und Park historisch und kulturell bedeutsame Bestandteile der städtebaulichen Erscheinung Stuttgarts sind.
TIMO JOHN
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Villa Berg Januar 2005 - Fotos: Enslin
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Stuttgarter Zeitung, 04.01.2005
Der verwunschene Feensitz der Großfürstin auf dem Höllschen Bühl
Angesichts neuer Pläne ist die alte Villa Berg plötzlich wieder in aller Munde - Vom noblen Adelsanwesen zum öffentlich-rechtlichen Klotz am Bein
Schwäbische Hausbesitzer sind bekanntlich legendär. Ob Könige oder einfache Bürger, ob eine Kommune oder gar ein Landessender - wenn es um ihre Immobilien geht, neigen sie alle zur Träumerei. Auf wunderbare Weise findet sich dies alles in der Geschichte der Villa Berg.
Von Thomas Borgmann
Am Anfang war nur ein Weinberg. Den nannten die Leute "Höllscher Bühl". Und dann war da ein württembergischer Kronprinz mit Namen Karl. Der reiste 1844 nach Italien - und kam begeistert zurück. Er wollte bald heiraten und ein Landhaus bauen, im italienischen Stil, gerade so, wie er es in Neapel und Rom gesehen hatte. Kein Schloss sollte es sein wie der Rosenstein, kein Stadthaus wie das Wilhelmspalais, sondern etwas, das es noch nirgends im Königreich gab. Gesagt, getan. Die Berater des Kronprinzen, der Bau- und Gartenkünstler Friedrich Hackländer und der Prokurator Schott, stießen auf den Höllschen Bühl. Der Bauherr war begeistert und erwarb 24 Hektar, 14 Ar und 60 Quadratmeter. Die Wengerter verkauften gern, nur König Karl I. von Württemberg bremste ein wenig: "Hackländer, lassen Sie recht langsam bauen, damit das Interesse meines Sohnes an den Arbeiten rege bleibt und er sich daran gewöhnt, dass er die Summe zu dergleichen Phantasien aus seinen Ersparnissen nehmen muss." Schwäbischer ging's nicht.

Villa Berg 1917
Der Architekt Christian Friedrich Leins (1814 bis 1892), dem Stuttgart auch den Königsbau verdankt, entwarf das Landhaus im Stil der italienischen Renaissance, 1845 wurde mit dem Bau begonnen. Thronfolger Karl verliebte sich unterdessen in Großfürstin Olga, die Tochter des russischen Zaren Nikolaus. Am 13. Juli 1846 war die Hochzeit. Der schwäbische Kronprinz hatte fürwahr das große Los gezogen: Erstens galt Olga als "liebliche Blume", zweitens war sie schwer reich - und infolgedessen sehr selbstbewusst. Kaum in Stuttgart angekommen, ließ Olga die bescheidenen Grundmauern der späteren Villa Berg niederreißen, denn alles sollte weit prunkvoller und nobler ausfallen, als es die neue schwäbische Verwandtschaft in ihrer Sparsamkeit geplant hatte.
Trotz alledem, erst 1853 war alles fertig. Ein traumhaftes Anwesen mit Orangerie und Park, mit Brunnen und üppigen Blumenrabatten, mittendrin ein weithin sichtbarer Prachtbau mit zwölf Ballsälen und Salons, mit Terrassen und Erkern, mit Säulen und Bögen, mit riesigen Rundfenstern und jeder Menge kostbarer Genueser Verzierungen im Inneren und außen herum. Zum verwunschenen Park gehörten kleine Seen und ein Wasserfall, ein Vogelhaus und ein Rehgehege, Marmorstatuen und Kandelaber, ein Irrgarten und zahlreiche Ruhesitze. Weit und breit gab es nichts dergleichen. Kaiser und Könige, die seinerzeit nach Stuttgart kamen, wurden dort empfangen. Und das Schwabenvolk, das freilich keinen Zugang hatte, blickte ehrfurchtsvoll nach droben auf den Höllschen Bühl und nannte die Villa Berg fortan "den Feensitz".

Nun, richtige Feen lebten dort natürlich nicht, wohl aber schwäbisch-russische Königs. Denn nachdem Karl und Olga gestorben waren, erbte deren russische Nichte Wera 1892 das Anwesen und lebte dort mit ihrer Familie. 1913, als auch sie gestorben war, traten die bürgerlichen Kollegien auf den Plan, also der Stuttgarter Gemeinderat: Er bewilligte die Summe von 2,85 Millionen Mark und schloss mit Weras Töchtern einen besonderen Kaufvertrag: 30 Jahre lang sollten die zwei adeligen Damen eine jährliche Rente von exakt 153 249 Mark und 50 Pfennig erhalten - eine typisch schwäbische Summe. Dabei hatte die Stadt mächtig Glück, denn die Inflation ließ die Rente auf ein Nichts zusammenschmelzen; statt der ursprünglich vereinbarten zehn Mark je Quadratmeter zahlte die Stadt am Ende nicht einmal mehr drei Mark. Was kann schwäbischen Hauseigentümern Besseres passieren!
Die Bürgerschaft war begeistert und lobte ihren Oberbürgermeister Karl Lautenschlager über den grünen Klee, denn zum ersten Mal wurde die Villa Berg für jedermann zugänglich. Es gab Empfänge und Konzerte, dazu eine Terrassenwirtschaft zu ebener Erde, in der sich die Bürger von Berg gerne trafen. 1925 eröffnete die Stadt im ersten Stock ihre eigene Gemäldesammlung. Der italienische Marchese Silvio di Casanova hatte seiner Wahlheimat und Lieblingsstadt Stuttgart uneigennützig seine Bilder vermacht, Werke der schwäbischen Maler Otto Reiniger und Hermann Pleuer. Diese Bilder existieren übrigens noch - bald hängen sie im neuen Kunstmuseum von Hascher und Jehle am Kleinen Schlossplatz.
Der Rest ist rasch berichtet. Im Bombenhagel des Kriegssommers 1944 wurde auch die Villa Berg schwer getroffen, brannte fast völlig aus und bot ein Bild des Jammers. 1950 erhielt der Süddeutsche Rundfunk das Gebäude im Tausch gegen das Silberburggelände im Westen. Der Sendesaal der Villa Berg erlebte unzählige Stars, darunter Catherina Valente und Willy Reichert, Erwin Lehn und die schwäbischen Straßenkehrer Werner Veit und Walter Schultheiß. Doch so ein echter schwäbischer Hausbesitzer waren weder der alte SDR noch der neue SWR. Sie sparten über die Jahrzehnte das Geld für die längst notwendige Modernisierung des denkmalgeschützten einstigen Prachtbaus. Lieber heute als morgen möchten die Öffentlich-Rechtlichen diesen Klotz am Bein loswerden.

Villa Berg 2005 Foto: Enslin
Demnächst beginnt also ein neues Kapitel: Joachim Bäurle und Jochen Bayer, wieder zwei Schwaben mit typischem Hang zu interessanten Liegenschaften, wollen den Neubeginn wagen - mit Kultur und Gastronomie. Aus der glanzlosen Villa Berg wollen sie das "Palais Villa Berg" machen. Beide verweisen darauf, aus Ostheim und Wangen zu stammen, also fast Nachfahren jener Berger Bürger zu sein, die schon immer wussten, was sie am Höllschen Bühl haben. Aber die Zeiten sind nicht mehr so. Heute sehen Berger Bürger mit einigem Argwohn, was da vor ihren Haustüren entstehen soll. Sie fürchten um die Ruhe in ihren eigenen vier Wänden und um den Wert ihrer Immobilien. Wie sagt da der Schwabe: "So
isch's no au wieder."
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Villa Berg - Stuttgarter ZEITUNG 09.08.2006
Sanierung endgültig gescheitert
Investoren verfolgen Pläne nicht weiter - SWR sieht
im Denkmalschutz das Hauptproblem, Anleger sehen Schuld beim Sender
Stuttgart - Die geplante Sanierung der Villa Berg ist gescheitert.
Der SWR sieht das Kernproblem des Projekts im denkmalgeschützten Sendesaal,
der erhalten werden muss. Der Investor sagt, der Sender opfere das Vorhaben
seinen Plänen für das alte Studiogelände.

Ballsaal um 1920 - heute trister Konzertsaal
Die Daten für Anfang und Ende des Sanierungsprojekts Villa Berg lassen sich
präzise feststellen: Am 20. Dezember 2004 trat die Verwaltungsspitze des
Südwestrundfunks (SWR) mit den beiden Investoren in dem historischen Gemäuer
vor die Presse. Der Sender, hieß es, wolle die 1853 im Renaissancestil
erbaute Villa für einen symbolischen Euro an Jochen Bayer und Joachim Bäurle
abgeben. Diese sagten zu, das heruntergekommene Schmuckstück für circa
fünf Millionen Euro zu sanieren und bis zur Fußball-WM zu einem Veranstaltungs-
und Tagungszentrum mit gehobener Gastronomie und einem großen
Biergarten umzugestalten.
Seitdem ist viel geschehen. Die Stadtverwaltung setzte alle Hebel
in Bewegung, um zu helfen; man hat mit kritischen Anwohnern diskutiert,
ein Schallgutachten ist erstellt worden; der Gemeinderat hat sich
mehrfach überaus wohlwollend
mit der Sache befasst, der Bebauungsplan für das Projekt ist weit gediehen,
zuletzt aber nicht beschlossen worden. Das amtliche Ende des Vorhabens kam am
21. Juni, als das Baurechtsamt das Bebauungsplanverfahren für beendet erklärt
hat. Warum aber, stellt sich abschließend die Frage, sind die Sanierungspläne
nach so viel Aufwand gescheitert?
Für den Investor Joachim Bäurle gibt es dafür zwei Gründe,
die aus seiner Sicht der SWR zu verantworten hat: Anders als anfangs besprochen,
habe der Sender dem Investorenduo die nach dem Baurecht für die Gastronomie
benötigten 120 Parkplätze in der SWR-Tiefgarage nebenan plötzlich
verkaufen oder vermieten wollen. Dies hätte bedeutet, dass die Investitionskosten
für das Projekt um eine "siebenstellige Summe" gestiegen wäre, sagt
Bäurle. Dabei habe man zuvor bereits ein gemeinsames und flexibles Nutzungskonzept
für die 380 Stellflächen in dem Parkhaus erarbeitet.
Joachim Bäurle sieht in dem Stellflächenstreit aber nur einen Vorwand
des SWR. Eigentlich habe sich der Sender "heimlich, still und leise" von dem
Projekt verabschiedet, weil den Verantwortlichen klar geworden sei, dass die
geplante Umnutzung der Villa mit der späteren Verwertung der unweit gelegenen
alten Fernsehstudios kollidieren würde. Tatsächlich plant der SWR den
Verkauf der alten Fernsehstudios im Park der Villa Berg. Dadurch sollen mehrere
Millionen Euro erzielt werden, als Finanzierungsbeitrag für den in einigen
Jahren geplanten, 65 Millionen Euro teuren Studioneubau beim Funkhaus. Vorstellbar
wäre, falls der Gemeinderat zustimmt, dass auf der alten Fläche Wohnungen
gebaut werden. "Wohnungen oder gar betreutes Wohnen - das würde sich mit
einem Biergarten daneben mit 600 Plätzen nur schwerlich vertragen" - diese Überlegung,
davon ist Joachim Bäurle überzeugt, habe letztlich zum Rückzug
des Südwestrundfunks aus dem Projekt geführt.

Er selbst bedauert dessen Scheitern. "Das hätte klappen können", glaubt
er noch immer. Bäurle, der 1985 in Waiblingen die Firma Comtech gegründet,
zum zweitgrößten PC-Handelshaus aufgebaut (200 Millionen Euro Jahresumsatz)
und 1999 seinen 58-Prozent-Anteil verkauft hat, versichert: "Ich wäre
bereit gewesen, da sieben Millionen Euro reinzustecken."
Beim SWR hat man eine deutlich andere Sicht der Dinge. Für den Verwaltungsdirektor
Günter Reiß liegt der Kern des Problems nicht in der schwierigen Parkplatzfrage,
entgegen den Darstellungen auch anderer an dem Verfahren Beteiligter. Dies sei "nur
ein Detail" unteren anderen gewesen. Reiß räumt aber ein, dass man
in diesem Punkt am Anfang "vielleicht etwas blauäugig" gewesen sei und
erst später erkannt habe, dass der Sender laut Baurecht den Investoren die
Stellflächen ganz abtreten müsste. Es sei aber auch "nicht das Geschäft
des Funks, sich um derlei Details zu kümmern".
Für den SWR-Verwaltungsdirektor hat sich im Laufe des Verfahrens herausgestellt,
dass es sich bei der Villa Berg um eine so kaum wirtschaftlich zu sanierende
Immobilie handle. Dies vor allem wegen des alles beherrschenden Sendesaals aus
den 50er-Jahren, der unter Denkmalschutz steht. Dies sei der eigentliche Grund,
dass die Investoren ihre Pläne mehrfach geändert, etwa mit einem sicherheitstechnisch
komplizierten zusätzlichen Dachgeschoss versehen und den Sender mit weiteren
Forderungen konfrontiert hätten. "Die haben gemerkt, dass die Finanzen nicht
ausreichen", sagt Reiß. Dass der SWR sich wegen der Überlegungen für
die alten Fernsehstudios aus dem Projekt verabschiedet habe, sei "Legende". Für
die Zukunft, räumt Reiß aber ein, wolle man die Nutzung der beiden
Immobilien "ganzheitlich betrachten, damit sich die Dinge danach nicht womöglich
im Raume stoßen".
Von Mathias Bury, StZ
09.08.2006
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