Rund 170 Jahre ist es her, daß im Westflügel
des Weimarer Residenzschlosses vier Zimmer eingerichtet wurden, um Dichter
zu ehren: Goethe, Schiller, Wieland und Herder wurden mit prunkvollen
Wandmalereien geehrt, deren letzte Restaurierung zum Teil schon hundert
Jahre zurückliegt. Jetzt haben umfangreiche Voruntersuchungen begonnen,
um Restaurierungsmodelle für die Bilder, den Stuck und die Türen
zu liefern. Der Rudolstädter Restaurator Veit Gröschner rechnet
damit, daß erst in fünf bis zehn Jahren mit einer Teilrestauration
des Gesamtkunstwerkes begonnen werden kann.
"Wir müssen nichts übers Knie brechen", sagt Gröschner,
der im Auftrag der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
die notwendigen konservatorischen Maßnahmen vorbereitet. Die gravierenden
statischen Schäden an der Außenwand des Westflügels sowie
die Wassereinbrüche am Dach des Schlosses seien behoben - eine akute
Gefährdung für die kostbaren Wanddekorationen bestehe derzeit
nicht.
Erfaßt werde der Ist-Zustand der Malereien, der auch Restaurierungen
einschließe, die sich, so Gröschner, nicht "unbedingt positiv
ausgewirkt haben". Daneben müßten Quellen über die
beteiligten Künstler erschlossen werden: über ihre Auffassungen,
Maltechnologien und verwendeten Farben.
Nicht zuletzt geht es auch um die künftige Nutzung der vier Räume,
die zur Klassik Stiftung Weimar gehören.
Ein Kolloquium soll helfen, Partner zu finden. Bisher gibt es lediglich
am Fries im Herder-Zimmer Erfahrungen bei der Sicherung der Malereien.
Die russische Zarentochter und Großherzogin Maria Pawlowna hatte
kurz nach Goethes Tod die Gedächtnisräume für die vier
Klassiker Goethe, Schiller, Herder und Wieland in Auftrag gegeben.
Sie öffnete
die Räume, an denen namhafte Künstler wie Karl Friedrich
Schinkel, Clemens Wenzeslaus Coudray und Friedrich Preller der Ältere
mitwirkten, auch der Öffentlichkeit.
"Damals gab es noch keine Denkmale für die Dichtergrößen",
sagt Gröschner, "unter diesem Gesichtspunkt war das Projekt
enorm. Es diente aber auch der Glorifizierung der Vergangenheit, um
die Bedeutung der Stadt Weimar aufrechtzuerhalten".
Einen ähnlichen Dichterzyklus gibt es nur noch in der Münchner
Residenz, der aber ist brandgeschädigt.
Die Innenausstattung war der Großherzogin selbst unterstellt.
Zuerst wollte sie die Raumdekorationen nach klassizistischem Vorbild
mit mythologischen Themen gestalten. Dafür lieferte Schinkel 1836
Entwürfe. Unter dem Einfluß ihres neuen Beraters, des Kunsthistorikers
Ludwig von Schorn, wurden in die klassizistische Raumfassung später
zeitgenössische Bilder eingelassen.
Viele davon, so "Faust I" für die Goethe-Galerie und "Die Verschwörung
des Fiesco zu Genua" im Schiller-Zimmer malte der Münchner Historienmaler
Bernhard Neher. Im Herder-Zimmer
kam dagegen dessen Schüler, der Leipziger Spätnazarener Gustav
Jäger, zum Zuge. DW
Artikel erschienen am Di, 3. Januar 2006