Eberhard Emminger (1808 - 1885) - Ideal
und Wirklichkeit
Vor 200 Jahren wurde der Landschaftsmaler und
Lithograph Eberhard Emminger geboren
31.10.2008 Untertürkheimer
Zeitung
Von Markus Dewald
Eberhard Emminger hat sich 1836 von Dominik Haiz zeichnen lassen 
Warum ist der Landschaftsmaler und Lithograph Eberhard Emminger
(1808- 1885) nicht längst schon vergessen, dessen Geburtstag sich
am 21. Oktober zum 200. Mal jährte? Kein anderer schwäbischer
Maler hat so wie er die Eigenart süddeutscher Landschaften erfasst.
Bei aller Eigenheit seiner künstlerischen Handschrift besitzen
seine Werke bis auf den heutigen Tag wegen des Faktenreichtums einen
hohen dokumentarischen Wert, wenn es um die wissenschaftliche Beschäftigung
mit geographischen, stadt- und siedlungs- geschichtlichen, bauhistorischen,
volks- oder landes- kundlichen Themen geht. Emmingers Stadt- und Landschafts-
ansichten sind wichtige dokumentarische Meilensteine im Wandel unserer
Kulturlandschaft.
Am 21. Oktober 1808 kam Markus Eberhard Aloys Emminger
in Biberach zur Welt. Seine Kindheit und die ersten Jahre verbrachte
er auf der katholischen Volksschule, wechselte mit zehn Jahren auf
die dortige Realschule. Eberhard Emminger interessierte seit frühester
Jugend alles, was mit Bildern, Malen und Zeichnen zusammenhing. In
der Biberacher Realschule gab Johann Baptist Pflug (1785-1866) als
Zeichnungsmeister regulären Unterricht an den Mittwoch- und Samstagnachmittagen
sowie am Sonntagvormittag zwischen 10 und 11 Uhr, wenn weder die katholische
noch die evangelische Jugend Gottesdienste zu besuchen hatte.
1822 vermittelte Pflug dem Jungen eine Lehrstelle in der Kupferstecherwerkstatt
Georg Ebner in Stuttgart, die er 14-jährig antrat. Bereits in
seinem zweiten Lehrjahr übertrug Ebner dem begabten Emminger den
Stich wie auch die Schaffung der Vorlage einiger Blätter aus der
Serie württembergischer Ortsansichten, die von Ebner als „Erinnerungen
oder interessante Ansichten Württembergs“ zwischen 1816
und 1826 ediert wurden.
Mit 16 Jahren findet Eberhard Emminger zur Lithographie, einer damals
noch jungen Drucktechnik, die Aloys Senefelder (1771-1834) entwickelt
hatte. In Eigenstudien, vermutlich mit dem von dem Stuttgarter Kaufmann
und Kunstkenner Gottlob Heinrich Rapp (1761-1832) und später von
Aloys Senefelder herausgegebenen Lehrbüchern, eignete sich Emminger
die grundlegenden Fertigkeiten an.

Eberhard Emminger - Untertürkheim
Stuttgarter Jahre
Im Frühjahr 1825 reiste Emminger im Auftrag Ebners an den Bodensee,
zeichnete Ortschaften, die Landschaft, den See, dokumentierte zahlreiche
kulturhistorische Details wie die neuen Dampfschiffe. Die zwölfteilige
Bildserie „Der Bodensee. Gabe der Erinnerung an dessen Umgebung“ fand
großes Interesse. Nach seiner Lehre blieb Emminger weiterhin
in Stuttgart. Als nunmehr freischaffender Künstler musste er seinen
Lebensunterhalt selbst verdienen. Sein Zeichnungslehrer Johann Baptist
Pflug aus Biberach schickte ein Empfehlungsschreiben an den Stuttgarter
Maler und gebürtigen Biberacher Johann Friedrich Dieterich (1787-1846),
der Emminger als Schüler an der Stuttgarter Kunstschule annahm.
Neben der künstlerischen Weiterbildung bei Dieterich besuchte
Emminger das Lithographische Institut. In dieser Zeit ist sein Interesse
für die Landschaftsmalerei vor allem unter dem Einfluss des Hofkupferstechers
und Landschaftsmalers August Seyffer (1774-1845) geweckt worden. 1831
bekam er zwei größere Aufträge: Die Lutherbilder nach
Ferdinand Fellner (1799-1859) und die Mitarbeit an dem Bildzyklus vom
Russlandfeldzug nach Bildvorlagen von Faber du Faur (1780-1857).
Den künstlerischen Durchbruch schaffte Emminger 1832/33 mit einem
Auftrag des Stuttgarter Kunstvereins, für den Emminger das Gemälde „Der
Rosenstein“ von Gottlob Friedrich Steinkopf zur Reproduktion
lithographieren sollte.
Im Herbst 1835 bricht Emminger zu der von König Wilhelm finanzierten
Italienreise auf, wo er in Rom, in der „schönsten Stadt
der Welt“, wie Emminger sie bezeichnete, den ganzen Winter über
verweilte. Zahlreiche Besuche bei bekannten Künstlern wie Joseph
Anton Koch, dem Bildhauer Bertel Thorvaldsen (1768-1844), der 1839
das Schillerdenkmal in Stuttgart schuf, und dem Landschaftsmaler Catel
füllten die Zeit. Mitte Mai 1837 kehrte er nach Biberach zurück,
dem sich ein längerer Aufenthalt bis 1854 anschloss. Seine kaufmännisch-handwerkliche
Lehre, seine eigenständigen Leistungen als Absolvent der Kunstakademie
und nicht zuletzt beste Zeugnissen und Verbindungen erlaubten es Emminger,
seine Tätigkeiten von Biberach aus zu gestalten. Die Zeit während
der Sommermonate war ausgefüllt mit umfangreicher Reise- und Zeichentätigkeit.

Villa Berg und Neckarwehr beim Berger Wasserhaus bei Gaisburg
Wechsel nach München
Der schulischen, aber mehr noch der künstlerischen Ausbildung
der Kinder zuliebe siedelte die Familie 1854 nach München um,
wo Tochter Emma Opernsängerin wurde und Bruder Ferdinand die Kunstakademie
besuchte. Er starb, einundzwanzigjährig, 1868 an einer Lungenentzündung.
Nach dem Tod seiner Frau Katharina 1870 blieb Emminger noch drei Jahre
in München und verließ im Frühsommer 1873 die Stadt
in Richtung Stuttgart, wo er sich zwischen bis 1878 aufhielt.
Im Dezember 1874 ging Emminger eine zweite Ehe mit der Biberacherin
Josefine Ege ein. Hier führte er noch einige Arbeitsaufträge
durch, so für den Esslinger Schreiber-Verlag, dessen Verlagsgründer
Jakob Ferdinand Schreiber (1809-1867) er noch aus seiner Lehrzeit bei
Georg Ebner kannte. Es entstanden unter anderem die „Bilder für
den Anschauungsunterricht“. Das 12. Bild dieser Mappe zeigt König
Wilhelm I. (1781-1864), wie er am Tag seines Regierungsjubiläums
durch die fahnengeschmückten Straßen von Stuttgart ritt.
Mit dem endgültigen Umzug 1878 zurück in seine Heimatstadt
schließt sich Emmingers Lebenskreis. Emminger ist im 65. Lebensjahr
und er machte keine größeren Reisen mehr wie er auch keine
größeren Aufträge mehr durchführte. Am 27. November
1885 starb Eberhard Emminger im Alter von 77 Jahren an den Folgen eines
Schlaganfalls in Biberach. Zwei Tage später wurde er auf dem katholischen
Friedhof zu Grabe getragen.
Eberhard Emminger signierte seine Werke „Nach der Natur gezeichnet
und lithographiert von Eberhard Emminger“, so wie es viele Künstler
seiner Zeit taten.
Um die Jahrhundertwende gab es mehrere Diskurse darüber, wie
der Begriff der Natur, insbesondere in der Landschaftsmalerei, zu sehen
sei. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat sich diesbezüglich ein
grundlegender Wandel vollzogen: die unmittelbare Hinwendung zu Natur
und Kultur, das Zeichnen in der natürlichen Umgebung. Der Zeichner
wird so zum Entdecker der Landschaft, in der Natur und Kultur zu einem
sinnvollen Ganzen verschmelzen. Diese Art von Schilderung der „Natur“ spiegelt
die neue Sichtweise Emmingers, dem es offenstand, die „Natur“ so
abzubilden, wie es ihm und seinem Publikum gefiel. Von allen negativen
Einflüssen befreit, gereinigt von Schmutz und Schutt, präsentiert
sich die hier die Wirklichkeit.

Schloss Rosenstein nach einem Bild
von Christian Friedrich von Leins, um 1850
Menschen im Alltag
Ein vielfach angewandtes Stilmittel ist die Gestaltung einer rampenartigen
Vordergrundbühne mit blickfangenden Vordergrundmotiven, das dem
Bildbetrachter die Illusion einer eigenen Standfläche vor der
dahinter weit ausgebreiteten Landschaft vermitteln soll. Die Aufgabe,
den Betrachter für den Bildinhalt zu gewinnen, übernehmen
vor allem figürliche Motive, die dem Auge des Betrachters näher
gerückt werden. Idyllisch, fast schon biedermeierlich-romantisch
stellt sich der Bildvordergrund dem Betrachter entgegen. Doch es sind
keine puppenhaften, starren Figuren, es sind unmittelbar aus der Beobachtung
gestaltete Menschen. Es sind Menschen bei der täglichen Arbeit,
Bauern und Handwerker, Hirten und Jäger mit Hund, Menschen, die
mit geistig-musischen Tätigkeiten befasst sind wie der Maler vor
seiner Staffelei und es sind Menschen in ihrer Freizeit, Spaziergänger,
Wanderer oder eine fröhliche, Wein trinkende Gesellschaft. Doch
sie sind kein Spiegelbild gesellschaftlicher Realität, allenfalls
Projektionsflächen bürgerlicher Sichtweisen.
Ausgehend vom zentralen Bildinhalt reicht die Landschaft in die Ferne,
weite Ausblicke lassen eine Tiefenwirkung entstehen, die nahtlos in
einen heiteren klaren Himmel mit lichter Bewölkung übergeht.
In Emmingers Bildern herrscht stets schönes Wetter und in der
klaren Luft zeichnen sich die Konturen scharf noch am Horizont.
In Emmingers Landschaftslithographien wird die kleinste Kleinigkeit
mit gleicher Akribie behandelt wie das große Objekt. Wohl die
Konkurrenz des neuen Mediums der Photographie dürfte zahlreiche
Lithographen dazu veranlasst haben, das neue Sehen durch eine Camera
obscura als technische und künstlerische Herausforderung
anzunehmen.Attraktiv war die neue Technik insbesondere für die
Porträtisten, die ihre Aufnahmen in konstruierten Raumsituationen
und unter künstlich hergestellten Lichtverhältnissen machen
konnten - Situationen, wie sie Landschaftsfotographen nur selten vorfanden.
Die neue Technik ermöglichtes zwar ein neues Sehen, setzte aber
genauso Grenzen in der Darstellung. Dennoch wandten sich viele Lithographen
der Photographie zu. Andere vollzogen einen Wandel im Sehen, indem
sie dem Betrachter malerische Winkel vor Augen führten. Nun sind
es nicht mehr die repräsentativen und herrschaftlichen Zeichen
der Stadt, sondern idyllische Winkel und Ecken, eine nostalgische Reminiszenz
an die verlorene Stadtherrlichkeit im Zuge von Industrialisierung und
Modernisierung.
Emminger war kein Porträtist, so dass diese neue Technik ihn
zunächst in seinem Schaffen nicht allzu sehr beeinträchtigte.
Spätestens aber in den 1860er Jahren entwickelte sich die Landschaftsphotographie.
Konsequenterweise reagierte Emminger auf diese Herausforderung: Einerseits
ging er zu immer größeren Formaten über, andererseits
fertigte er seine Lithographien in Farbe. Und noch einen weiteren Vorteil
der Lithographie wusste Emminger zielgerichtet einzusetzen: die Kreidelithographie.
Diese arbeitet mit Halbtönen, sie kann Atmosphäre darstellen,
sie kann Stimmungen wiedergeben. Mit diesen expressiven Möglichkeiten
im künstlerischen Schaffen setzte Emminger seine Gegenakzente
und blieb erfolgreich. Die Ortsvedute von Neuhausen aus der Zeit nach
1866 sind bezeichnende Beispiele für das geradezu photographische
Sehen und ein um 1850 entstandenes Blatt von Esslingen, das einen Blick
vom Norden her aus den Weinbergen mit einer herrschaftlichen Altane
im Vordergrund zeigt, gehört dazu.
Esslinger Ansichten
Im Alter von 16 Jahren fertigt Eberhard Emminger zum ersten Mal eine
Stadtansicht von Esslingen, die in der Reihe „Kleine Ebner‘sche
Radierung“ erschien. Bei dieser Stadtansicht und späteren
Stadtansichten folgt der Künstler dem tradierten Blickwinkel vom
linksseitigen Neckarufer auf die Stadt. Zur dominierenden Ost-West-Achse
des Neckars korrespondiert eine Nord-Süd-Achse von der mittelalterlichen
Neckarbrücke über das Pliensautor und die Stadtkirche St.
Dionys bis zur Esslinger Burg, die oberhalb der Stadt gelegenen Festungsmauern
mit Türmen und Schanzen. Bis in die erste Hälfte des 19.
Jahrhunderts hinein ist dies die beliebteste Schauseite auf Esslingen.
Auch 1835 wählte Emminger diese Perspektive in der Lithographie „Esslingen
am Neckar von der Süd-Seite“, die bei J. F. Schreiber in
Esslingen verlegt wurde. Zehn Jahre später hatte Emminger einige
Stadtveduten für die Oberamtsbeschreibungen zu fertigen, auch
die für das Oberamt Esslingen. Neu ist, dass Emminger hier den
Blick von den Weinbergen von Nordwesten her wählt und nicht den
immer wieder erprobten und erfolgreich umgesetzten von Süden mit
seiner reizvollen Gesamtsicht der Reichsstadt. Eine Sichtweise, die
sich bereits in einem Aquarell des in Esslingen wirkenden Malers J.
Braungart (1803-1849) aus dem Jahr 1835 findet und mehrfach von ihm
und anderen Malern bildnerisch umgesetzt wurde. Markant erhebt sich
der gotische Bau der Frauenkirche, die Kirche der Esslinger Bürgerschaft,
am linken Bildrand, topographisch die am höchsten gelegene Kirche
in Esslingen. Demgegenüber erscheint der deutlich größere
Kirchenbau der Stadtkirche St. Dionys wesentlich kleiner. Zwischen
diesen Gebäuden lassen sich das neue Rathaus mit seiner imposanten
Renaissancefassade wie die Franziskaner- und Dominikanerkirche erkennen.
Der Lauf des Neckars wird nur angedeutet und das Neckartal geht in
die Silhouette der Schwäbischen Alb über.
Fünf Jahre später zeichnet Emminger Esslingen noch einmal
aus der Perspektive der Neckarhalde, allerdings aus einer topographisch
höheren Blickposition. Durch den breiteren Blickwinkel weitet
sich der Stadtprospekt um die an der Südseite der Altstadt vorbeilaufenden
Kanäle und die sich südlich anschließende Pliensauvorstadt.
Auch wenn Emminger bei seinen Lithographien bis in seine späten
Jahre hinein stets mehr zur Darstellung ganzer Stadtansichten neigte,
erkennen wir in der Stadtvedute von 1845 für die Oberamtsbeschreibung
trotzdem sein Interesse für architektonische Details, das sich
jedoch ganz im Sinne der Romantik auf Türme und Stadtmauern als
Zeugen des Mittelalters beschränkt.

Fast fotographisch exaktes Erfassen der Landschaft: Eberhard Emmingers
Ortsvedute von Neuhausen.
Foto: Archiv
Eine Rarität besonderer Art ist die Neuhausen-Lithographie Emmingers
aus der Zeit nach 1866, die in der Biberacher Lithographischen Anstalt
von Mathias Kloos (1830-1894) gedruckt wurde. Während seiner Münchner
Zeit ist die Entstehung der Neuhausener Ansicht zu sehen, die er wohl
auf einer seiner vielen Reisen zu den Verlegern in Süddeutschland
gemacht hat.
Auf der Neuhausener Ansicht sind im Zentrum des Ortes die ehemals
herrschaftlichen Bauten wie das Obere Schloss von 1518 zu erkennen.
Links neben der Pfarrkirche sieht man den langgestreckten Baukörper
des Unteren Schlosses, ein Renaissancebau aus der Zeit von 1560/66. Überragt
wird der Ortsprospekt von dem langgestreckten Sakralbau der katholischen
Pfarrkirche St. Petrus und Paulus (1850/52), einer im neuromanischen
Stil erbauten Kirche. Die spätgotische Liebfrauen- oder Friedhofskapelle
(1480), ja sogar die Lindenkapelle aus dem Jahr 1739 an der Straßenkreuzung
nach Esslingen und Denkendorf erscheint am Horizont. Im Ortszentrum
dominiert ebenso das langgestreckte Gebäude des Gasthauses Ochsen über
die umliegende Wohnbebauung. Dort wo heute der Ochsensaal angebaut
ist, war damals noch der Ochsengarten mit seinen großen Schatten
spendenden Kastanienbäumen.
Südlich der Karlstraße erkennen wir ausgedehnte Hopfenanbauareale,
die in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Konjunktur erlebten. Von
dieser Sonderkultur versprach man sich zusätzliche Einkommensquellen
für die Landwirte. Auch die kilometerlangen Apfel- und Birnbaumreihen
entlang den Straßenzügen nach Plieningen, Scharnhausen und
Denkendorf verdienen Beachtung. Sie gaben der Filderlandschaft nicht
nur ein besonderes Gepräge, sondern dienten der Bevölkerung
der Versorgung mit Frischobst, waren aber auch Grundlage für die
Zubereitung des Apfel- und Birnenmostes.
Ihre Existenz allerdings verdanken diese Pflanzungen weniger bäuerlichen
Innovationen, vielmehr wurde die Anpflanzung von Obstbäumen von
Seiten des württembergischen Staates angeregt und gefördert.
Friedrich I., der erste württembergische König, gab nach
der militärischen Besetzung der neuwürttembergischen Lande
den Befehl, an den kreisschlussmäßigen Straßen Obstbäume
zu pflanzen. Maßgeblichen Anteil am Aufblühen dieser Obstkultur
hatte die Landwirtschaftliche Hochschule des Königreiches Württemberg
im Schloss Hohenheim, dessen Silhouette wir am linken Bildrand am Horizont
erkennen können.
Der Schein trügt
Schließen wir unsere Betrachtung mit einem Blick auf den Vordergrund
des Bildes: Scheinbar im Stil romantischer Maler lässt Emminger
ländliche Idylle und Ruhe den Betrachter verspüren. Der Landschaftsmaler
Eberhard Emminger selbst erscheint unter dem Sonnenschirm mit interessiertem
Zuschauer, das Bauernpaar mit dem Kind auf dem Weg zur Feldarbeit,
ja sogar die beiden Arbeiter im Steinbruch strahlen eher Momente der
Muse und gelebter Sorglosigkeit als Müdigkeit nach schwerster
körperliche Arbeit aus.
Doch der Schein trügt: Diese Landschaftselemente sind keine anekdotischen
Elemente - im Gegenteil. Tatsächlich befand sich in der Mitte
des 19. Jahrhunderts auf dem Spitzbaum ein Steinbruch. Die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Bauern waren derart miserabel, dass diese, vor
allem in den Wintermonaten, Gelegenheit hatten, im Lohnauftrag dort
für den Haus- und Straßenbau Steine zu brechen.
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