Stuttgarter Zeitung vom 4. Oktober 2004
Den ehrenamtlichen Lebensrettern fehlt der Nachwuchs
Die Freiwillige Feuerwehr Untertürkheim sucht „coole Köpfe": Zahl der aktiven und der jugendlichen Mitglieder nimmt ab
Ruhe bewahren und dann das Richtige tun - das zeichnet einen Feuerwehrmann aus. Deshalb kümmert sich die Freiwillige Feuerwehr Untertürkheim auch rechtzeitig um Nachwuchs. Am Wochenende hat sie Interessenten erzählt, was diese erwartet.
Von Ariane Wölpper
Mit großen Augen betrachtet der kleine Junge den großen Löschzug, der vor dem Feuerwehrhaus in Untertürkheim steht. Würde der Wagen jetzt noch Tatütata machen und das Blaulicht rotieren, würde sich der Bub vielleicht denken: „Ich werde Feuerwehrmann!" Er ist kein Einzelfall: „Das rote Auto und dass da Menschen drinsitzen, die retten und helfen, scheint Kinder anzusprechen", erklärt sich Erich Zaiß, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Untertürkheim, das Phänomen, dass kleine Kinder wie der Drache Grisu gerne rufen: „Ich will Feuerwehrmann werden!"
Schade ist nur, dass sich die wenigsten später daran zu erinnern scheinen. Da sowohl die Zahlen der Aktiven als auch die der Jugendfeuerwehrleute eher ab- als zunimmt, hat die Freiwillige Feuerwehr Untertürkheim am vergangenen Samstag mit einem Tag der offenen Tür und unter dem Motto „Coole Köpfe gesucht" um ehrenamtlich tätige Nachwuchskräfte geworben. Denn „Ruhe bewahren können und Knowhow haben" seien schon einmal wichtige Voraussetzungen, um als Feuerwehrmann zu arbeiten, sagt der stellvertretende Kommandant Holger Kamm.
Und dass die Aufgabe eines Feuerwehrmannes nicht nur darin bestehe, mit Blaulicht durch die Stadt zu sausen und Brände zu löschen, sondern technische Hilfeleistung, Wasserrettung oder auch das Mai- und Weih-nachtsbaumaufstellen genauso dazugehören. „Wir sind kein Verein, es ist auch nicht so wie bei irgendeinem anderen Hobby. Bei uns gibt es nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten", stellt Kamm von vornherein klar.
„Ich werde Feuerwehrmann": Viele vergessen später ihren Vorsatz. Foto Gottfried Stoppel
Zwischen 18 und 50 Jahre alt muss man sein, wenn man zu den Untertürkheimer Lebensrettern gehören will, gesund muss man überdies sein, einen guten Ruf haben, bereit sein, ein Atemschutzgerät zu tragen -und man muss sich für eine Dienstzeit von fünf Jahren verpflichten. Im Ernstfall ran an den Schlauch - zumindest in Zusammenarbeit mit erfahreneren Kameraden - darf man allerdings erst, wenn man eine zweiteilige Grundausbildung absolviert und an mehreren Übungen teilgenommen hat.
Übung macht den Feuerwehrmann - das gilt auch für die Jüngsten. Wer zwischen 10 und 18 Jahre alt ist und sich für den Dienst am Nächsten entscheidet, erhält neben der Uniform das grundlegende Rüstzeug für das Ehrenamt: Schläuche verlegen oder den Einsatzort sichern - das und vieles andere ist Inhalt der 14-tägig stattfindenden Übungen. Zu einem Brandeinsatz oder auf die Drehleiter dürfen die Mitglieder der Jugendfeuerwehr allerdings noch nicht.
„Dafür waren die Schauübungen mit Rauchbomben bei der Hocketse immer ein Highlight", sagt Cornelia Seidl. Die 18-Jährige hat erst vor kurzem die Grundausbildung absolviert und ist nun zu den Aktiven gewechselt. Gut überlegt habe sie sich diesen Schritt schon, erzählt die junge Frau, schließlich sei es ein Unterschied, etwas zu üben oder dann tatsächlich bei einem Einsatz dabei zu sein. Dafür Zeit zu opfern war für die Schülerin hingegen gar keine Frage: „Das ist eine sinnvolle Freizeitgestaltung."
Was viele Menschen nicht wissen würden, betont Kamm: „In Stuttgart sind die meisten Feuerwehrangehörigen ehrenamtlich tätig. Alle opfern einen Großteil ihrer Freizeit, um Menschen in Not und Gefahr zu helfen." Ohne dieses Engagement wäre schnelle Hilfe undenkbar.
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