Stuttgarter Zeitung vom 3.6.2004: Von Jürgen Brand
Allgemeines: Gerhard Zaiß ist stolz auf sein kleines Weingut am Rande Untertürkheims. Seine Weinberge liegen in unmittelbarer Nähe - um sie zu erreichen, muss er mit seinem Unimog nicht einmal auf die Hauptstraße fahren. In seinen Tanks im 1980 erweiterten Keller könnte er 100000 Liter Wein lagern, tatsächlich produzieren er und seine Frau aber deutlich weniger. Das Gut ist mit allen erforderlichen Maschinen ausgestattet, egal ob Pressen, Filter oder Abfüllanlage. Letztere wird seit vergangenem Jahr aber nicht mehr benutzt, obwohl sie einwandfrei arbeitet. Das Problem sind die Korken. Zaiß: „Die Qualität der Korken wird immer schlechter. Und viele Gastronomen haben uns gesagt: Wenn du keine Schraubverschlüsse hast, können wir dir deinen Wein nicht mehr abnehmen." Also bestellte Zaiß sich im vergangenen Jahr eine mobile Abfüllanlage für Flaschen mit Schraubverschluss. Natürlich könnte er seine eigene Anlage auch umrüsten. Das würde aber mehr als 30 000 Euro kosten. Und solange er nicht weiß, wie es mit seinem Betrieb weitergeht, will er das Geld nicht investieren.
Gerhard Zaiß erreicht im kommenden Jahr das Rentenalter. Seine Frau ist einige Jahre jünger, arbeitet im Weinberg kräftig mit, die Besenwirtschaft ist sowieso ihr Bereich. Was den beiden fehlt, ist ein Nachfolger, der das Weingut weiterführt. Ihre Tochter Simone Mack, die dieser Tage Nachwuchs erwartet, war vor zehn Jahren württembergische Weinkönigin, interessiert sich natürlich auch für den Weinbau - ist von Beruf aber Chemikerin. Auch sonst gibt es in der Verwandtschaft offenbar niemand, der als Nachfolger in Frage kommt.
Ein Nachfolger ließe sich vielleicht leichter finden, wenn das Problem mit der Besenwirtschaft nicht wäre. Das Weingut ist ein Aussiedlerhof, der Besen kann also nach Stuttgarter Rechtslage nicht als ganz normale Gaststätte konzessioniert werden. Vor mehr als 30 Jahren, als der Besen gebaut wurde, nahmen die Behörden ihn so ab, wie er war, mit 80 Plätzen, später kam noch die Gartenterrasse dazu. Seit einiger Zeit achten die Behörden aber strikt darauf, dass nur noch 40 Sitzplätze angeboten werden. Zaiß: „In anderen Anbaugebieten ist die Konzession im Außenbereich kein Problem. Nur in Stuttgart funktioniert das nicht. Warum nicht, wissen wir auch nicht." Mit einer Konzession könnten nicht nur mehr Sitzplätze angeboten werden, auch ein flexiblerer Umgang mit den Öffnungszeiten wäre möglich, die Rendite könnte erhöht - und eben vielleicht auch ein Nachfolger gefunden werden.
Grunddaten: Die Familie Zaiß baut auf rund 3,8 Hektar Wein an, Rot- und Weißwein halten sich dabei die Waage. Je etwa 30 Prozent sind Riesling und Trollinger, der Rest sind Spätburgunder, Lemberger, Dornfelder, Muskat-Trollinger, Müller-Thurgau, Kerner und Gewürztraminer. Ganz neu im Angebot ist Merlot, von dem der Jahrgang 2003 noch im Barrique reift. Die Rebflächen sind in den Lagen Untertürkheimer Altenberg, Untertürkheimer Mönchberg und Rotenberger Schlossberg. Die Rotweine werden schonend auf der Maische vergoren. Das Weingut verkauft seine Erzeugnisse zu je einem Drittel im Besen, im Verkauf ab Hof und in der Gastronomie. Der Großhandel spielt keine Rolle.
Die Weine: Der Jahrgang 2003 reift im Weingut Zaiß noch. Die derzeit besten Weine sind die samtige 2002er Spätburgunder Spätlese (6,70 Euro), der 2002er Muskat-Trollinger Qualitätswein trocken (4,90 Euro) und -eine Spezialität des Guts - der 2002er Gewürztraminer Kabinett (5,40 Euro). Sekt aus Kerner und Spätburgunder des Weinguts wird in der Sektkellerei Kessler in Esslingen ausgebaut.
Veranstaltungen: Der Besen ist zweimal pro Jahr für jeweils sieben Wochen geöffnet, und zwar von Mitte Januar bis Anfang März und von Mitte August bis Anfang Oktober. Mitte Mai lädt das Gut immer zu einer Weinwoche ein.
Kontakt: Weingut Gerhard Zaiß, Im Gehrenwald 5, 70327 Stuttgart-Untertürkheim, Telefon 33 86 46, Fax 33 86 83; Verkauf Mittwoch von 8 Uhr bis 12 Uhr und Freitag von 8 Uhr bis 18 Uhr.