STZ 24.08.2015 - Serie (Teil 8) - Die in Stuttgart-Untertürkheim alteingesessene Familie Schwarz betreibt seit mehreren Jahrzehnten ein eigenes Weingut und eine Besenwirtschaft. Der Betrieb setzt darauf, die Weine im eigenen Keller herzustellen und sie auch selbst zu vermarkten. Von Nora Stöhr
Zwei Monate lang war Ludwig Schwarz im vergangenen Jahr in Südafrika unterwegs. Eigentlich, so erzählt der junge Winzer, wollte er in der Nähe von Kapstadt als Praktikant auf einem Weingut arbeiten. Doch dann entschied er sich vor Ort spontan dazu, verschiedene Winzer zu besuchen, deren Weine zu probieren und sich mit ihnen über die hohe Kunst des Weinmachens auszutauschen. „Jeder hat eine bestimmte Philosophie, die Sache anzugehen“, sagt der 26-Jährige. So habe er viel aus den Gesprächen mit den dortigen Kollegen, die sich um Feinheiten wie die Gärtemperatur oder Barriquefässer drehten, für seine eigene Arbeit gelernt.
Ludwig Schwarz entstammt einer Winzerfamilie aus Stuttgart-Untertürkheim. Auch sein Vater Markus, seine Mutter Rita und seine Schwester Stefanie haben sich dem Weinbau verschrieben. Ludwig Schwarz’ Ururgroßvater, ebenfalls Winzer, baute 1898 das Haus, in dem die Familie heute noch lebt – und in dessen Keller der Wein hergestellt wird.
Bis in die 1970er Jahre, so erzählt Markus Schwarz, habe die Familie einen Selbstversorgerbetrieb mit Weinbau, Obst- und Gemüseanbau sowie Nutztieren geführt; seitdem habe man sich ausschließlich auf die Weinherstellung konzentriert. Etwa einen Hektar Rebfläche besaß die Stuttgarter Winzerfamilie Ende des 19. Jahrhunderts. Heute bewirtschaften die vierte und fünfte Generation insgesamt neun Hektar. Die Weinberge liegen am Untertürkheimer Mönchberg, am Altenberg und am Rotenberger Schlossberg. „Seit 1996 ernten wir auch im eigenen Wengert in Weinsberg“, erzählt Markus Schwarz.
Pro Jahr erzeugt das Weingut Schwarz im Schnitt 75 000 Liter Wein. In der Weinregion Württemberg gehöre man damit zu den „mittelgroßen“ Weinbauern, sagt Ludwig Schwarz. In ein paar Wochen steht für die Familie Schwarz wieder einmal die Weinlese an. Ende September werde man damit beginnen, die Weintrauben zu ernten, schätzt Ludwig Schwarz. Die Lese werde sich wegen der lang anhaltenden Hitzeperiode dieses Jahr wohl ein wenig nach hinten verschieben. „Die Trauben entwickeln sich bei solchen Temperaturen nicht so schnell“, erklärt der junge Winzer. Er rechnet für dieses Jahr mit Ertragseinbußen von bis zu 20 Prozent. Drei bis vier Wochen werde es dauern, alle reifen Früchte von den Weinstöcken zu pflücken. Für diesen Zeitraum beschäftigt das Weingut etwa zehn Aushilfskräfte, darunter Freunde und Verwandte, die der Familie bei der Ernte helfen.
Nach der Lese werden die Trauben in drei verschiedenen Kellerabteilen zu Wein verarbeitet – vom Maischen der Früchte bis zum Abfüllen des Weins in Flaschen. „Zweimal wurden in den letzten Jahrzehnten Keller und Betriebsräume erweitert und die Kellertechnik auf den neuesten Stand gebracht“, sagt Markus Schwarz. Früher sei der Weinverkauf in Fässern üblich gewesen, so der 51-jährige Winzer. Seit Ende der 1950er Jahre fülle das Weingut den Wein in Flaschen ab. Die Abfüllanlage funktioniere vollautomatisch. 1200 Flaschen pro Stunde können so befüllt, mit Etiketten beklebt und verschlossen werden.
Zwischen fünf und 18 Euro kostet eine Flasche Wein aus dem Hause Schwarz. Das wichtigste Preissegment liege zwischen sieben und zehn Euro, sagt die Tochter Stefanie Schwarz, die amtierende Württembergische Weinkönigin ist. „Die teuren Weine pflegen zwar das Image eines Weinguts, aber der Markt dafür ist begrenzt“, fügt ihr Bruder Ludwig hinzu. Darum müsse man schauen, dass man möglichst viel von den mittelpreisigen Weinen absetze. Besonders beliebt seien bei den jungen Leuten Weiß- oder Roséweine, erzählt Stefanie Schwarz. Die junge Generation trinke lieber etwas weniger Wein, dafür dürfe die Flasche dann auch ein bisschen mehr kosten, sagt die 25-jährige Winzerin, die im Sommer ihr Studium der Internationalen Weinwirtschaft abgeschlossen hat.
Die älteren Weintrinker bevorzugten Trollinger und Lemberger – die zwei meist angebauten Rotweinsorten im Weinbaugebiet Württemberg. Generell seien die Ansprüche der Kunden sehr gewachsen, hat Stefanie Schwarz beobachtet. Die Weine der Familie Schwarz findet man nicht im Fachhandel oder im Supermarkt. Den Händlern müsse man einen Rabatt von bis zu 40 Prozent gewähren, sagt Ludwig Schwarz. Auch sich einer Winzergenossenschaft anzuschließen sei nie in Frage gekommen, ergänzt sein Vater. Man wolle mehr Einfluss haben, selbstständig bleiben – das Produkt von der Rebe bis zur Flasche begleiten.
Beim Verkauf des Weins setzt die Familie darum auf den Direktvertrieb. Mutter Rita Schwarz, die aus einer Weingärtnerfamilie aus Brackenheim stammt, betreibt den hofeigenen Verkaufsraum. Vater Markus Schwarz fährt zudem regelmäßig seine Touren und beliefert Kunden vom Bodensee bis nach Hamburg. „Wenn sich zum Beispiel die Preise ändern, kann man den Leuten die Gründe dafür persönlich erklären“, sagt der Sohn Ludwig, der vor drei Jahren in den Familienbetrieb eingestiegen ist. Auch Kellerführungen und Weinproben nutzt die Familie, um mit den Kunden in Kontakt zu kommen.
Tochter Stefanie kann sich vorstellen, noch mehr Veranstaltungen rund um das Thema Wein anzubieten – wie beispielsweise geführte Touren durch die Weinberge. „Solche Aktionen werden immer wichtiger“, sagt die Winzerin. „Die Leute wollen nicht nur Wein trinken, sondern auch die Geschichte und die Personen dahinter kennenlernen“, fügt ihr Bruder Ludwig hinzu. Seit 1967 betreibt die Familie ihre eigene Besenwirtschaft. Insgesamt 14 Wochen im Jahr, die sich vor allem auf die Spätherbst- und Wintermonate erstrecken, hat die urige Stube mit 40 Sitzplätzen geöffnet. In dieser Zeit kümmert sich eine festangestellte Küchenhilfe um das Essen – von Griebenschmalzbrot mit Zwiebelringen über Wurstsalat bis hin zu Maultaschen mit Kartoffelsalat. Fünf Minijobber helfen Vater Markus Schwarz beim Ausschank. Zu trinken gibt es nahezu alle Weine aus dem Sortiment des Untertürkheimer Weinguts. „Unsere Besenwirtschaft ist ein gutes Werbeinstrument für unseren Wein“, sagt Markus Schwarz, „wir haben so über die Jahre hinweg eine treue Kundschaft.