Schmerzhafter Abschied Wilhelm I. von seinem Land
Von Mathias Kuhn
Die Grablege an jenem 30. Juni 1864 muss eine gespenstische Zeremonie gewesen sein. In der Nacht setzte sich ein stiller Trauerzug vom Schloss Rosenstein nach Untertürkheim in Gang. Ein Gemälde eines unbekannten Künstlers gibt einen Eindruck wider: Einige hundert Bürger standen am Straßenrand Spalier und begleiteten ihren König, den zweiten Monarchen des noch jungen Königreichs Württemberg, auf seinem letzten Weg. Die schlichte Beerdigung fand gemäß Wilhelms letzten Wille statt: "Ich wünsche, dass die Fahrt nach meiner Ruhestätte so eingerichtet wird, dass ich mit dem ersten Sonnenstrahl auf dem Rotenberg ankomme. Ich will ruhen in dem schon vor Jahren gebauten Grab, neben meiner verewigten Katharina, wie Ich es Ihr versprochen habe."

Letzter Ausflug nach Weil
Das Ende seiner Regierungszeit kündigte sich im Frühjahr 1864 an. Starke Brustbeklemmung schwächten den 83-Jährigen. Sein Sohn, Kronprinz Karl, erledigte die laufenden Geschäfte. Zwar erholte sich der König leicht und wollte im Juni eine Badekur in Wiesbaden antreten. Doch seine Ärzte rieten ihm ab. Er entschloss sich zu einer Luftkur im Schloss Rosenstein. In den Jahren 1825 bis 1830 hatte Architekt Giovanni Salucci das Schloss nach den Vorstellungen von König Wilhelm und der damals schon verstorbenen Königin Katharina erbaut. Es war nicht der Wohnsitz der königlichen Familie, sondern diente als Sommerresidenz und für Empfänge. Übernachtet hatte König Wilhelm bis dahin in den Gemäuern noch nie. Es ging das Gerücht, dass eine Wahrsagerin ihm Jahre zuvor prophezeit habe, dass er einst im Schloss Rosenstein sterben werde.
Umso sagenhafter erscheinen die letzten Tage des Monarchen. Am Montag, 20. Juni 1864, traf er auf Schloss Rosenstein ein. Am 23. Juni ließ er sich in sein geliebtes Gestüt Weil kutschieren und in einem Sessel durch das Gehöft, das ebenfalls Salucci baute, tragen. Auf der Heimfahrt von Weil hatte er offenbar eine Vorahnung. Zu seinem getreuen Oberstallmeister Graf Taubenheim soll er mit Blick auf den Württemberg den Satz gesagt haben: "Es schmerzt sehr, von einem so schönen und guten Lande scheiden zu müssen." Immerhin hatte er 48 Jahre die Geschicke des Königreichs geführt. Als Heerführer gegen Napoleon zeichnete er sich aus und machte sich Hoffnungen auf den Kaiserthron. Im Volk genoss er wegen der Reformen hohes Ansehen. 1816, im Jahr seines Amtsantritts, heiratete er die russische Großfürstin Katharina Pawlowna. Obwohl Königin Katharina 1819 starb, gründete das Ehepaar viele Institutionen zum Wohle des Volkes. So geht die landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim, das Katharinenstift, das Katharinenhospital, die württembergische Sparkasse und das Volksfest auf sie zurück. Wilhelm hatte großen Anteil an der Schaffung eines länderübergreifenden Zollgebiets und förderte die Kultur sowie das Bildungswesen.
Gedenkfeier in der Grabkapelle
Vom anstrengenden Ausflug nach Weil erholt sich der 83-Jährige allerdings nicht mehr. Am 25. Juni 1864 - heute vor 140 Jahren - "entschlief er früh um fünf Uhr", wie Chronist D. Gebhard schreibt. Im historischen Fotoarchiv des Naturkundemuseums befindet sich sogar ein Dokument aus der Frühzeit der Fotografie mit "König Wilhelm I. am 25./26. Juni 1864 in seinem Sterbebett in Schloss Rosenstein."
Zum 140. Todestag von König Wilhelm I. gibt es heute, 25.6.2004 um 20 Uhr in der Grabkapelle auf dem Württemberg eine Feierstunde zum Totengedenken. Der Männerchor des TGV Rotenberg singt. Historiker Michael Wenger von der Staatlichen Schlösser- und Gärtenverwaltung, Rotenbergs Pfarrer Reinhard Köstlin, Martin Kurrle von der Weingärtnergenossenschaft Rotenberg und Eberhard Fritz, der Archiv des Hauses Württemberg, gestalten die besinnliche Feier.